Woran merkt man dass die Saison auf die Zielgerade einbiegt? Man kann draußen sitzen während die letzten Partien laufen. Bei schönstem Frühjahrswetter empfingen wir die Erste des Hamelner Schachvereins. Inzwischen schon fast ein Klassiker zwischen zwei Mannschaften, bei denen die Spieler die Oberliga lieben und die Mannschaftsführer selten mit Aufstellungsproblemen zu kämpfen haben. Das kann nicht jede Mannschaft von sich behaupten … selbst Bulldogge Bubba zeigte Einsatz und mausert sich zum Union-Mannschaftsmaskottchen.
Los ging‘s allerdings nicht gut für uns. Insbesondere in der Reihe an der Wand (die Bretter 1-4) lief anfangs nicht viel zusammen. Zwar schaffte Berthold gegen die nicht sonderlich ambitionierte Spielanlage des Hamelner Spitzenbretts Bode ein sicheres schnelles Schwarzremis, aber Sebastian kam mit einer passiven Stellung bei gegnerischem Läuferpaar aus der Eröffnung, Max hatte selbstverursachte Schwächen an beiden Flügeln und Jan 2 ziemlich glatte Bauern weniger. An den hinteren Brettern schienen sich die Chancen in etwa die Waage zu halten, so dass nach ca. 2 Stunden eine deutliche Pleite drohte.
Es folgten einige Punkteteilungen. Marc hatte nach der Eröffnung eine relativ passive Stellung, sein Gegner fand aber keine vielversprechenden Angriffsplan und im Turmendspiel wurde remis vereinbart. Enno hatte eine schöne Angriffsstellung aufgebaut, opferte aber voreilig statt zu verstärken und hatte Glück, dass sein Gegner später ein Dauerschach übersah. Und Max‘ Gegner bot bei knapper werdender Zeit und angesichts des günstig stehenden Kampfs ein Remis an, was Max angesichts der Stellung nicht ablehnen konnte. Es sah zwar aus als hätte Weiß nicht das Maximum rausgeholt und am Horizont gab es Konturen von Gegenspiel, der Computer hält die Schlussstellung aber trotz ausgeglichenem Material und keinen offensichtlichen Drohungen für glatt verloren. Glück gehabt!
Und dann begann sich der Kampf komplett zu drehen. Tom lief wie üblich zwischen dem 30. und 40. Zug zur Höchstform auf, lehnte ein Remis ab und gewann mit Schwarz einen Sizilianer in starker Manier. Die Führung hatte aber nur kurz Bestand, Ernsts Gegner hatte in ebenso gutem Stil einen guten Springer gegen einen schlechten Läufer und Schwächen in Ernsts Struktur ausgenutzt.
Damit stand es 3:3. Sebastian hatte seine Partie inzwischen komplett gedreht und sein c-Bauer lief unaufhaltsam im Endspiel Richtung Grundreihe. Und Jan hatte sein Bauerndefizit auf 3 gegen 4 an einem Flügel reduziert, allerdings in der wohl unangenehmsten Form mit jeweils einem Springer. Eine typische 50/50 Stellung zwischen Remis und Niederlage. Sebastian gewann sein Endspiel sicher, Jan lief aber die Zeit davon und er selbst schließlich in eine tödliche Springergabel – gerade in dem Moment, als sich die Stellung zum Remis vereinfacht hatte. Damit endete der Kampf mit einem 4:4, mit dem beide Mannschaftsführer unzufrieden sein durften. Die Gastgeber hatten lange den Sieg vor Augen, die Gäste aber deutlich mehr Chancen im Verlauf des Kampfes vergeben.
Die Unzufriedenheit zeigt sich besonders vor dem Hintergrund der Tabellenkonstellation: Werder 3 gewann knapp in Nordhorn und eröffnete damit das Aufstiegsrennen noch einmal komplett neu, in das zumindest die Rattenfänger mit einem Sieg noch hätten eingreifen können, während das Unentschieden wohl für beide das Ende der Chancen bedeutet. Da HSK Lister Turm in der 2. Bundesliga den Aufstieg verpasst hat, kann deren Zweite nicht aufsteigen und somit streiten sich nun Nordhorn, Uelzen und Werder um den begehrten 2. Platz. Aus objektiver sportlicher Sicht ist dabei sehr ärgerlich, dass Uelzen in einem Rennen, wo es absehbar aufs Torverhältnis ankommt, von nicht oberligareif angetretenen Helleranern 7,5 Brettpunkte praktisch geschenkt bekam.
Auch was den Abstieg angeht gibt es noch interessante Konstellationen. Werder 2 stieg nach einer den ELO-Zahlen nach überraschender Niederlage gegen die Zweite des Hamburger Schachklubs sportlich aus der 2. Liga ab. Das würde auch das Aus von Werder 3 in der Oberliga bedeuten … außer sie schaffen selbst den Aufstieg, was angesichts des Restprogramms und des Uelzener Brettpunktepolsters schwer, aber nicht unmöglich ist. Das würde dann wiederum den Abstieg von Ricklingen oder Delmenhorst aus der Oberliga bedeuten. Da aber nichts so kompliziert ist wie (Mannschafts-)Schach, gibt es einen weiteren Dreh: Steigen die Schachfreunde Berlin aus der Bundesliga ab, würde es deren Zweitvertretung in der 2. BL Nord erwischen und Werder 2 wäre wiederum gerettet, was dann auch die 3. retten würde … Wer mir bis hierhin folgen konnte, und auch alle anderen, sind gerne zum letzten Oberliga-Heimspiel am 7. Mai in Oldenburg eingeladen!
Bericht von Max