Im vorletzten Saisonspiel ging es ins Emsland zum SV Lingen, genauer gesagt gegen deren 2. Mannschaft. Wir hatten eine gute Truppe zusammen und waren im Schnitt 150 Punkte besser besetzt. An den beiden Brettern, wo die Gastgeber die stärkere Zahl aufwiesen, erzielten wir zudem Remisen – aber am Ende reichte es nicht mal zu einem Mannschaftspunkt.
Doch der Reihe nach. Den Auftakt machte das Spitzenbrett mit Ernst Heinemann, der ein frühes Remisangebot akzeptierte unter Berücksichtigung der persönlichen Situation des Lingener Spielers. Da dieser 100 Punkte mehr aufwies, kann man hinter diesem Resultat sicherlich einen Haken machen.
Es folgten die beiden Partien unserer jungen Spieler. Maik Schäfer hatte an Brett 7 mit Weiß einen ambitionierten Aufbau mit langer Rochade gegen die Moderne Verteidigung gewählt. Beide Seiten griffen an entgegengesetzten Flügeln an. Maik stand sicherlich besser, aber er musste sehr konsequent gegen den König des Gegners vorgehen, um Vorteil nachzuweisen, zudem war er in Zeitnot. Dort griff er fehl und sein Gegner brach plötzlich als Erster durch. 0,5:1,5.
Lennart Höhn an Brett 8 musste sich der Trompowsky-Eröffnung erwehren. In einer zweischneidigen Variante musste er etwas improvisieren, kam aber in ein vernünftiges Mittelspiel, wo sein Gegner wohl die Möglichkeit des Damentausches hätte wahrnehmen sollen. Danach geriet jedenfalls der unrochierte König des Weißen unter den Druck der kompletten schwarzen Armee. Der Monarch konnte noch einstweilen gerettet werden, nicht aber ein abseits stehender Turm. 1,5:1,5.
An Brett 6 kam es zu einer kuriosen Situation. Benjamin Kluin hatte lange Zeit gegen seine 100 Punkte stärkere Gegnerin mit Schwarz eine Verteidigung zu führen, was aber immer solide wirkte. Schließlich befreite er sich in ein Damenendspiel, wo er einen Bauern gab, um mit seiner Dame auf ein Dauerschach hinzusteuern. Nunmehr zeigte sich aber, dass die Uhr falsch gestellt war, was alle Beteiligten ein wenig ratlos zurückließ. Die Uhr gewährte die 50 Minuten für den 2. Spielabschnitt, obwohl noch keine 40 Züge ausgeführt waren. Allerdings würde das dann bedeutet haben, dass Weiß die Zeit überschritten hätte – wenn der Schreiber dieser Zeilen alles korrekt mitbekommen hat, allerdings war er in dieser Phase selber in Zeitnot und registrierte noch, dass die beiden Parteien sich letztlich auf ein Remis verständigten. 2:2.
Der besagte Schreiber an Brett 5, Frank Modder, hatte Entwicklungsvorsprung, rochierte lang und rannte mit allen Königsflügelbauern in Richtung des kurz rochierten schwarzen Königs. Aber es gab keine Anrempelungspunkte und Weiß hätte bestimmt auch andere Möglichkeiten gehabt, die Bauern aufzuziehen. Etwas Zwingendes fanden allerdings auch die Rechner hinterher nicht. Beide Spieler waren kurz vor dem 40. Zug in starker Zeitnot und verständigten sich dann nach Damentausch auf ein Remis – der weiße Vorteil war auch nicht mehr ersichtlich, der Oldenburger hätte die letzten 6 Züge auf Inkrement machen müssen. 2,5:2,5.
Die Lage an den drei restlichen Brettern deutete auf zwei klare und eine unklare Partie zu diesem Zeitpunkt hin. Heiko Warns an Brett 3 konnte nicht verhindern, dass Schwarz nach und nach über den Damenflügel in seine Stellung hineinkam. Sein König stand gefährdet im Zentrum und seinen aktiven Turm auf der Königsflanke konnte auch nicht mehr rechtzeitig zur Verteidigung zurückbeordert werden. 2,5:3,5.
Hartmut Bürckner an Brett 4 spielte eine konzentrierte Partie mit Schwarz und konnte seine Stellung verbessern bis zu einem Materialgewinn. Das Endspiel wurde ebenfalls streng behandelt und der Oldenburger fand ein schönes Mattbild. Bobby Fischer hätte an Hartmuts 6:0-Ligabilanz vermutlich seine Freude gehabt! Ausgleich zum 3,5:3,5.
Eine dramatische Partie spielte Anirudh Unni an Brett 2 mit den schwarzen Steinen, er spielte gegen einen Titelträger mit ungefähr gleicher DWZ. Es wurde zu verschiedenen Seiten rochiert und Anirudh opferte eine Qualität, aber es schien nicht klar, ob er Kompensation dafür hatte. Die Struktur war zwar danach schlecht für Weiß, aber es waren schon zwei Figurenpaare abgetauscht und Schwarz konnte auch seine Figuren nicht so schnell aktivieren. Dennoch gelang es dem Oldenburger irgendwann, Druck auszuüben, und in einer dramatischen Zeitnotphase standen beide Könige auf Halbmatt. Auch danach blieb es sehr taktisch, bis die Partie schließlich in ein Damenendspiel mit noch jeweils einem Bauern mündete. Der weiße Bauer war hier etwas weiter vorgerückt, und vielleicht war es Remis zu halten, aber nach 7 Stunden spielten beide Seiten nur noch mit Inkrement und am Ende setzte sich der Lingener doch noch durch. Schade für Anirudh nach so großem Kampf. 3,5:4,5.
Nach dieser ungeplanten Niederlage haben die Oldenburger nun einen Monat Zeit, die Wunden zu lecken und zur letzten Runde gegen die SG Osnabrück (II) nochmal alle Kräfte zu sammeln.
Bericht von Frank Modder