Was ist der Unterschied zwischen einem Marathonlauf und einem Mannschaftskampf im Schach? Die Antwort ist natürlich: Bei einem Marathonlauf kennt man nach gut 2 Stunden den Sieger. Beim Schach, zumal in der Oberliga Nordwest, dauert es normalerweise deren 6. Es gibt allerdings auch Gemeinsamkeiten: Wer zu schnell angeht, dem geht zuweilen auf der Zielgeraden die Puste aus. Aber der Reihe nach:
Wir mussten kurzfristig auf unseren eigentlich unverzichtbaren Topscorer Hartmut verzichten, der krankheitsbedingt nicht mit an Bord war. Doch bereits 4 Minuten nachdem den Autor dieser Zeilen diese Hiobsbotschaft erreichte, war die Mannschaft wieder komplett: Edeljoker Manni erklärte sich bereit, einzuspringen, wodurch ich zum ersten Mal in dieser Saison dem Schiedsrichter freudig „Eins bis Acht!“ melden durfte.
Oldenburg startete wie die sprichwörtliche Feuerwehr in diesen Heimkampf. Sebastians Gegner verließ sich auf einen Gegenangriff, dieser schlug aber nicht durch und Sebastian verblieb mit einigem Material mehr – 1:0. Auch Marc, der diese Saison kaum zu stoppen ist, machte relativ kurzen Prozess mit seinem Gegner und erhöhte an Brett 8 auf 2:0. Manni steuerte ein mit kontrollierter Offensive herausgespieltes Remis bei – 2,5:0,5.
Nun kam der Auftritt von Jan, der seinen ersten Sieg am Brett mit einem sehenswerten Qualitätsopfer auf f1 vorbereitete, in dessen Folge die gesamte weiße Stellung Lähmungserscheinungen zeigte. Wenig später stand es 3,5:0,5 für uns:
Max hatte in einem spanischen Theorieduell (die Neuerung erfolgte im 22. Zug, auch wenn beide schon etwas früher „aus dem Buch“ waren) mehr als Ausgleich erzielt, fand aber gegen das umsichtige Spiel des Hamelners keinen Knockout. Im Endspiel hätte man nach einer gegnerischen Ungenauigkeit durchaus noch etwas versuchen können. Max begnügte sich aber auch angesichts des drohenden Unheils an den verbliebenen Brettern (dazu gleich mehr) damit, mit einem Remisangebot den Mannschaftspunkt zu sichern, welcher nach den pessimistischsten Berechnungen im Vorfeld noch zum Klassenerhalt erforderlich war.
Somit führten wir 4:1, standen aber an allen verbleibenden Brettern kritisch. Die besten objektiven Remischancen hatte Dirk, der mit jeweils Turm und Springer und 1 gegen 2 Bauern an einem Flügel verteidigte. Allerdings übersah er einen taktischen Trick, der den Turmtausch erzwang, wonach das Springerendspiel ziemlich glatt verloren war. Auch Martin kämpfte mit Minusbauern und etwas passiver Stellung im Turmendspiel ums nackte Überleben. Am schlimmsten sah es aber eigentlich bei Berthold aus, dessen Gegner ein imposantes Bauernduo auf d5 und e5 besaß, und zusätzlich Druck auf dem Königsflügel machte.
Die beiden Endspiele gingen dann auch verloren, aber Berthold zauberte nicht zum ersten Mal aus hoffnungslos erscheinender Lage ein Remis zum Mannschaftssieg herbei. Bei knapper werdender Zeit fand sein Gegner keinen Durchbruch, während Berthold es gelang, die Dame zu aktivieren und einen Turm zu tauschen. Danach hatte der Hamelner nicht mehr genug Material, um gleichzeitig seinen König vor Schachs zu schützen und seine eigenen Gewinnpläne zu verfolgen – Remis und 4,5:3,5 am Ende! Damit hatten wir das Tempo vom Anfang bei weitem nicht gehalten, den Kampf aber dennoch über die Ziellinie gerettet.
Damit haben wir uns vom abgeschlagenen Tabellenletzten nach 2 Spielen inzwischen auf den 3. Platz vorgepflügt, da der bisherige Tabellendritte Hellern zum Rapport in Kirchweyhe antreten musste. Diesen Bronzerang gilt es nun, im Auswärtsspiel bei jenen Helleranern zu verteidigen, bevor im letzten Kampf dann das Derby gegen Delmenhorst steigt, in dem es wie erhofft nur für die Gäste noch um etwas gehen wird. Auf den anderen Plätzen distanzierte sich auch der starke Aufsteiger Lehrte durch einen Sieg endgültig von Hannover. Nordhorn schlug Tostedt, die nach dem dritten 3,5:4,5 in Folge nur aufgrund der Schwäche der anderen Abstiegskandidaten nicht vollends mit dem Rücken zur Wand stehen, und verabschiedet sich ebenfalls aus dem Abstiegskampf. Lister Turm schlug Delmenhorst und hält damit den Aufstiegskampf weiter offen.
(Bericht von Max Meessen)