NSV-Pokalmeisterschaft

Auf Initiative von Carsten und Tom nahmen wir dieses Jahr zum ersten Mal an der reformierten Pokalmeisterschaft an einem Wochenende im Schweizer System teil. Die Startliste bot einen bunten Mix aus den üblichen Oberliga-Verdächtigen und einigen ambitionierten Vereinen aus den mittleren Klassen, sowie ein paar Außenseitern.

 Wir traten mit insgesamt 7 Spielern an. Neben unserem etatmäßigen Spitzenbrett Berthold setzten wir diesmal Tom weiter nach vorne. Die erfahrenen Oberliga- und Pokalspieler Max, Marc und Ernst folgten, dazu kamen mit Carsten und Sebastian B. zwei starke Leute aus der Zweiten.

Runde 1

An 4 gesetzt, ging es in Runde 1 gegen den klaren Außenseiter aus Bad Bevensen. Eigentlich lief alles nach Plan, Berthold aber mit dem König leider in ein vermeidbares Mattnetz. Die anderen (Marc, Carsten, Tom) gewannen souverän, sodass der Kampf 3:1 endete. 

Runde 2

Da die erste Runde spät endete, bekamen Marc und Berthold am Samstag Morgen eine Pause, dafür spielten Max und Sebastian. Es ging gegen den Verbandsligisten Isernhagen. Aufgrund der Aufstellungen mit deren sehr starkem Spitzenbrett Nechitaylo war der Kampf von der Papierform her trotz des Klassenunterschieds durchaus ausgeglichen. 

Tom geriet am Spitzenbrett mit Schwarz leider schnell unter Druck und in eine Verluststellung. Sebastian Beeck an Brett 4 kam zu einem soliden Remis gegen einen nominell stärkeren Gegner. Insgesamt sah es trotzdem gut aus, denn Carsten und Max machten Druck. Leider verpasste Carsten einen taktischen Gewinn und musste sich mit Remis begnügen. Max vergab seinen Vorteil durch eine verfrühte Stellungsöffnung und musste aufpassen, nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dann bot sein Gegner aber in Zeitnot einen verfehlten Damentausch an und im Endspiel hatte Max schon mehrere Optionen auf erneuten klaren Vorteil, eine davon nutzte er ohne große Probleme zum 2:2 Ausgleich. Letzten Endes war hier für beide Teams mehr drin.

Runde 3

Auch in Runde 3 erwartete uns kein leichtes Los gegen den Landesligisten aus Logabirum (besser bekannt als ein Vorort von Leer). Zum erfahrenen Carsten Zurbrügge gesellten sich 3 talentierte Jugendspieler. 

Insgesamt war das Match sehr umkämpft, alle Partien dauerten bis zur Zeitkontrolle und teilweise deutlich darüber hinaus.

Max geriet direkt in der Eröffnung ins Hintertreffen und verwaltete eine Ruine, die eigentlich vor dem 30. Zug abzureißen war. Der Tausch eines Turmes ließ leichte Hoffnungen auf eine schwarzfeldrige Blockade keimen. Währenddessen verdichtete Berthold am Spitzenbrett einen Minimalvorteil zu einer schönen Angriffsstellung und wickelte diese in ein gewonnenes Leichtfigurenendspiel ab. Mit dieser starken Positionsleistung gingen wir in Führung. Dann schipperte Max sein leckgeschlagenes Boot irgendwie in den Remishafen und damit sah der Kampf eigentlich fast entschieden aus, denn an den hinteren Brettern hatten eher wir die Vorteile.

Nun ging das Drama aber erst los. Die hinteren Bretter kippelten hin und her und für einen Moment gab der Rechner den Ostfriesen klare Vorteile an beiden Brettern. Aufgrund der Komplexität der Stellungen machte ich mir aber keine allzu großen Sorgen und schließlich kam alles wieder ins Lot. Wir remisierten beide Bretter eher aus einer stärkeren Position heraus und gewannen den Kampf knapp und auch angesichts des Beinahe-Debakels an Brett 2 durchaus glücklich mit 2,5:1,5.

Damit hatten wir die Pflichtaufgaben einigermaßen erledigt und waren punktgleich mit der Spitze, allerdings hatten wir schon einige Brettpunkte mehr abgegeben als die Konkurrenz. Der Titelfavorit HSK Lister Turm hatte gegen Lehrte (offiziell Bundesliga vs Landesliga!) nur mit sehr viel Glück eine Niederlage abwenden können. Wir hatten leider kein Losglück und zogen auch direkt den HSK. 

Runde 4

Morgens an der Theke sahen wir bereits, dass der HSK für den Sonntag kein Risiko eingehen wollte und auch noch Dennes Abel aktiviert hatte. Somit waren wir im Schnitt ca. 200 Elopunkte im Hintertreffen. Es sollte aber ein denkwürdiger Kampf werden.

Los ging es nicht so gut: Ernst kam mit einer Freestyle-Variante relativ schnell in Nachteil. Zwischendurch bekam er kurzfristig Spiel für einen Bauern, aber eine kleine Kombination ließ schnell wieder die Luft aus der Stellung und wir lagen zurück. 

Nun kam aber der große Auftritt von Tom. Das richtige Selbstvertrauen musste ihm vor dem Kampf noch eingeimpft werden, aber am Brett war von übertriebenem Respekt nichts zu spüren. Vielmehr war es der Hannoveraner IM, der die Partie eher ambitionslos anlegte. Tom übernahm schnell die Initiative und gewann dann instruktiv mit Dame und Läufer gegen 2 Türme auf der 7. Reihe, die im Gegensatz zu Toms kleiner Armee nicht zu einem Matt in der Lage waren. 

Nun liefen noch die Partien von Max und Carsten. Beide hatten schwierige Endspiele auf dem Brett: Bei Max ein T+S gegen T+L, bei Carsten ein Damenendspiel mit beiderseitigen Freibauern auf der 7. Reihe.

Max’ Gegner versuchte alles und opferte sogar einen Bauern, um mit 1 gegen 2 Bauern auf Gewinn zu spielen, da seine Figuren aktiver waren und der Bauer deutlich weiter vorgerückt. Max verteidigte sich aber weiter präzise und ließ keine Gewinnfortsetzung zu. Am Ende mussten sich beide Türme gegen die jeweiligen Freibauern opfern und es standen nach 77 Zügen nur noch die nackten Könige auf dem Brett. Zu diesem Zeitpunkt hätte die letzte Runde bereits anfangen sollen, und die Partie von Carsten lief ja auch noch!

Wir sind im 85. Zug. Carsten hatte ein Schach nach dem anderen gegeben, und wenn er das weiter durchgezogen hätte wäre es forciert zum beiderseitigen Damentausch – sowohl Weiß als auch Schwarz hätten im Tausch gegen die aktuelle Dame eine neue bekommen – gekommen. Dann hätte sein Gegner aufgrund des aktiven Königs und der weißen Bauernschwächen weiter vermutlich ebenso große Gewinn- wie Remisaussichten gehabt, und die letzte Runde hätte sich vermutlich um mindestens eine weitere halbe Stunde verzögert. Leider griff Carsten stattdessen mit Dd2?entscheidend fehl und diese wahre Pokalschlacht ging doch mit 2,5:1,5 an den Favoriten.

Runde 5

Die Ausgangslage war klar: Für einen Platz auf dem Treppchen musste ein hoher Sieg her. Leider zogen wir den SK Lehrte, die bis dahin ein überragendes Turnier spielten: Alle 3 Spitzenbretter standen bei 3,5/4 gegen starke Gegnerschaft, nur Brett 4 fiel etwas ab.

Max und Ernst fuhren nach Hause und wurden planmäßig durch Berthold und Marc ersetzt. Nach den Strapazen der Vormittagsrunde hätten wir lieber alle 4 ausgewechselt…

Der Kräfteverschleiß machte sich bei Carsten bemerkbar, der bereits in der Eröffnung entscheidend in Nachteil geriet und die Waffen strecken musste. Berthold erarbeitete sich gegen den starken FM Stelmaszyk eine klar bessere Stellung bei allerdings horrendem Zeitverbrauch. Daher nahm er das gut getimete Remisangebot seines Gegners lieber an.

Nun mussten 2 Siege her. Marc überspielte seinen Gegner vom Start weg und hier schien der Punkt nur eine Frage der Zeit zu sein. Tom hingegen hatte in einer Theorievariante die Qualität gegen einen Bauern gegeben und sein Gegner schien im TT – TL Endspiel auf 2 Resultate spielen zu können. Marc gewann dann auch und schaffte somit den Ausgleich. Und dann kam der Umschwung für uns: Toms Gegner hatte in der Zeitnotphase bereits den Faden verloren, trieb den schwarzen König nach vorne und bot dann, eigentlich für ein solches Endspiel durchaus thematisch, den Turmtausch an. Allerdings bot die Stellung eine taktische Chance, die Tom ergriff und mit der er sich ein unaufhaltsames Bauernduo sicherte, was er dann auch souverän zum Sieg führte. Mit diesem Sahnetag krönte Tom ein tolles Turnier, in dem er aus 4 Schwarzpartien gegen teils sehr starke Gegner 3 Punkte holte.

 Damit hatten wir den letzten Kampf 2,5:1,5 gewonnen und waren im Feld der 7-Pünkter dabei. Allerdings reichten die Brettpunkte wie bereits befürchtet nicht zum Platz auf dem Treppchen. Der PSV Uelzen schlich sich mit einem deutlich leichteren Gesamtprogramm an uns vorbei, und Lehrte hatten wir mit dem knappen Sieg auch nicht einholen können. Sieger wurde letztendlich trotz einiger Wackler der klare Favorit Lister Turm mit 2 Punkten Vorsprung.

Hier tauschte Tom mit Txc6! die Türme, was man in einem Endspiel mit Minusqualität normalerweise vermeidet, aber die Taktik funktioniert und die ist im Schach meist das Wichtigste. Es folgte 2. Txc6 d4! Und der Bauer kommt bis nach d3, da Weiß ihn wegen des Abzugangriffs nicht schlagen kann. Es folgt Le2 und dann läuft der e-Bauer, das weiße Gegenspiel mit dem c-Bauer kam zu spät. Weiß hatte vorher ein Schach auf e6 gegeben und den König nach f4 getrieben, stattdessen hätte er den Turmtausch direkt anbieten sollen, wonach die Stellung ausgeglichen geblieben wäre, da Weiß nach d4 den Bauern mit Schach schlüge.

Zusammenfassung

Insgesamt hat mir das Turnier in wechselnder Besetzung sehr viel Spaß gemacht. Die vollständige Liveübertragung ermöglichte das Mitfiebern für die ganze Mannschaft, und jeder Kampf war extrem spannend. Viele Vereine gaben Nachwuchskräften eine Chance und gefühlt hatten alle das Messer zwischen den Zähnen. Das Match gegen den HSK war dabei trotz der Niederlage ein echtes Highlight. 

Bei der Feinwertung sollte es ein System ähnlich der Buchholz-Zahl geben, das die Stärke der zugelosten Gegner mit berücksichtigt. Und vielleicht legt der NSV nächstes Mal bei der Saalmiete zugunsten günstigerer Getränke noch was drauf. 4,50 € für ein Glas Wasser bei nicht zugelassenem Mitbringen von Verpflegung war gerade für die vielen jungen Spieler im Turnier schon sehr happig.

Bericht von Max